Fragen und Antworten

Potsdamer Klinikum Ernst von Bergmann

Sind Personalvorgaben im Krankenhaus nicht Aufgabe des Gesetzgebers? Warum macht ver.di die Überlastung zum Gegenstand von Tarifauseinandersetzungen?

Die Beschäftigten machen seit Jahren mit Petitionen und Protestaktionen auf die Missstände im Gesundheitswesen aufmerksam. Sie fordern gesetzliche Personalvorgaben, die sich ausschließlich am realen Versorgungsbedarf der Patient*innen orientieren und gute Arbeitsbedingungen ermöglichen. Aus Sicht von ver.di steht der Gesetzgeber in der Verantwortung, eine gute Krankenversorgung für seine Bürger zu garantieren. Doch die Bundesregierung hat lediglich für einige wenige Krankenhausbereiche Pflegepersonaluntergrenzen eingeführt, die nicht dazu geeignet sind, die Erwartungen der Beschäftigten, wie auch der Patient*innen zu erfüllen. Gemeinsam mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft und dem Deutschen Pflegerat hat ver.di im Januar 2020 eine neue Pflegepersonalregelung, die PPR 2.0, vorgelegt – ein kurzfristig einsetzbares Instrument für eine bedarfsorientierte Personalbemessung in der stationären Krankenhauspflege. Doch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) scheint nicht zur Umsetzung bereit zu sein und spielt stattdessen auf Zeit: Zwar wurden Krankenkassen und Krankenhausgesellschaft mit der Entwicklung eines wissenschaftlichen Instruments zur Personalbemessung beauftragt. Die Ergebnisse sollen jedoch erst frühestens 2025 zur Verfügung stehen – falls sich beide Seiten überhaupt einigen können. ver.di wird daher auch weiterhin Druck auf die Politik machen, um bundesweit einheitliche, bedarfsgerechte Personalvorgaben schneller durchzusetzen.

Neben der großen politischen Linie verfolgen wir auch auf betrieblicher Ebene das Ziel, die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Klinikbeschäftigte nehmen auch Unternehmensleitungen in die Verantwortung. In bundesweit 17 Großkrankenhäusern, mehrheitlich Universitätskliniken, konnten zwischenzeitlich Tarifverträge bzw. Vereinbarungen zur Entlastung der Beschäftigten durchgesetzt werden. Den Anfang machte die Charité-Belegschaft, die 2015/16 erstmals einen solchen, mittlerweile ausgelaufenen, Tarifvertrag erstreikte. Ein Berliner Arbeitsrichter stellte seinerzeit klar, dass ver.di sehr wohl Tarifverträge zur Entlastung der Beschäftigten fordern und dafür auch zum Streik aufrufen kann, denn: »Die unternehmerische Freiheit des Arbeitgebers endet dort, wo der Gesundheitsschutz der Mitarbeiter beginnt.« (siehe Broschüre »Mehr von uns ist besser für alle!«)